Tierfilmer und Frankfurter Zoodirektor

Am 28. Oktober 1956 wurde im Deutschen Fernsehen die erste Folge einer neuen Reihe ausgestrahlt, in der Prof. Bernhard Grzimek über Tiere erzählte und kurze Filme zeigte. Das Fernsehen war zu dieser Zeit noch ein recht junges Medium. Die meisten Menschen in Deutschland hörten Radio. Der Frankfurter Zoodirektor hatte für den Hörfunk des Hessischen Rundfunks schon Plaudereien über Tiere aufgenommen, die ausgesprochen gut angekommen waren. Auch über Filmerfahrung verfügte der umtriebige Tierexperte.

Fernseh-Tierserie Ein Platz für Tiere

Grzimek und sein Sohn Michael hatten für ihren Dokumentarfilm Ein Platz für wilde Tiere gerade zwei Goldene Bären bei den Berliner Filmfestspielen erhalten. Deshalb sollte die neue Sendung, in Anlehnung an den ausgezeichneten Titel, Ein Platz für Tiere heißen. Was keiner der damals Beteiligten ahnen konnte: Sie feierten die Premiere der mit Abstand erfolgreichsten Fernseh-Tierserie in Deutschland. Erst nach 31 Jahren und 175 Ausgaben war Schluss. Das Konzept, das sich Grzimek und die Redakteure im Hessischen Rundfunk überlegt hatten, war simpel, aber wirkungsvoll.

Grzimek las keinen fertigen Text vor, sondern erzählte – nicht nur von den schönen Seiten des Tierlebens, sondern gerade von der Bedrohung der Artenvielfalt durch den Menschen. Er schockierte mit Bildern vom Robbenschlachten und bereitete allen ein schlechtes Gewissen, die Pelzmäntel trugen. Wie populär und eindringlich seine Sendungen waren, mussten die Frauen erfahren, die sich noch mit einem Ozelot- oder Leopardenmantel auf die Straße trauten. Ein besonders beliebtes Schmankerl war der jeweilige tierische Stargast aus dem Frankfurter Zoo. Das konnten ein Faultier, ein Gorillababy, eine Königskobra, ein Tapir oder die Gepardin Cheetah sein. Mit seinen Sendungen hat Grzimek das Bewusstsein dafür geschärft, wie viele Tierarten vom Menschen bedroht sind, und er hat, durch seine Spendenaufrufe am Schluss, erheblich dazu beigetragen, dass Schutzmaßnahmen initiiert und durchgeführt werden konnten.

Werdegang eines Tierexperten

Grzimek, am 24. April 1909 in Neiße geboren, war der Sohn eines Rechtsanwalts und Notars. Der Vater starb schon früh, und die Mutter hatte es nicht leicht, die sechsköpfige Familie über Krieg und Nachkriegszeit zu bringen. Trotzdem konnte Grzimek in Leipzig und Berlin Veterinärmedizin studieren. Nebenbei bewirtschaftete er das Gut Stäbchen. Dazu musste der Neunzehnjährige vorzeitig für volljährig erklärt werden. Auf dem Hof zog er Gemüse und hielt Hühner, die 1933 zum Thema seiner Doktorarbeit wurden. Nach der Promotion arbeitete er zunächst für das Preußische Landwirtschaftsministerium und von 1934 bis 1937 für den Reichsnährstand. Seine Aufgabe war es, Mängel bei der Eiererzeugung und -standardisierung zu beseitigen. Daneben veröffentlichte er Bücher über Geflügelhaltung und schrieb populärwissenschaftliche Kolumnen. Von Januar 1938 bis zum Kriegsende widmete er sich als Referent im Reichsernährungsministerium und als Veterinäroffizier bei der Wehrmacht vor allem der Bekämpfung von Tierseuchen und tierpsychologischen Forschungen an Pferden.

Oscar für Dokumentation über Serengeti-Nationalpark

Er schrieb populärwissenschaftliche Bücher und beteiligt sich an Tierfilmen. Ob er NS-Organisationen angehört hat, ist nicht ganz klar. Es gibt aber deutliche Hinweise, dass er NSDAP-Mitglied war und eventuell zeitweise einer SA-Gliederung angehörte. Andererseits besorgte er noch Anfang 1945 für versteckt lebende Juden Lebensmittelkarten. Durch den von den Amerikanern eingesetzten Frankfurter Oberbürgermeister Wilhelm Hollbach, den Grzimek schon lange kannte, wurde er am 1. Mai 1945 zum Direktor des Zoos berufen, der eigentlich aufgelöst werden sollte. Grzimek baute den Zoo neu auf und machte ihn bis zu seiner Pensionierung 1974 zu einer deutschlandweiten Attraktion. Daneben war er publizistisch weiterhin sehr aktiv. Zusammen mit seinem Sohn Michael, der dabei tödlich verunglückte, drehte er einen aufrüttelnden Film über den ostafrikanischen Serengeti-Nationalpark, der in seinem Bestand bedroht war. Serengeti darf nicht sterben erhielt 1960 als erste deutsche Dokumentation einen Oscar. Mit der Enzyklopädie Grzimeks Tierleben (1967-1974) schuf er eine moderne Version von Brehms Tierleben. Grzimek starb am 13. März 1987 bei einem Zirkusbesuch in Frankfurt. Er ist neben seinem Sohn Michael am Ngorongoro-Krater in Tansania beigesetzt.